Marcus J. Neuer studierte Physik und schloss das Fach 2003 als Dipl.-Physiker und 2006 als Dr. rer. nat. ab. Seine Doktorarbeit in theoretischer Physik behandelt eine stochastische Theorie des anomalen Transport in Teilchen in Plasmen. Er entwickelte 2007 bei ICx Technologies, später FLIR Radiation Algorithmen zur Identifizierung von Nukliden auf der Grundlage von Gammaspekten.
Danach wechselte er 2012 zum VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI), einer kreativen Ideenschmiede für die angewandte Forschung, um Lösungen für die Prozessindustrie in den Bereichen Data Science und künstliche Intelligenz zu erarbeiten. Ab 2018 leitete er eine Abteilung für Automatisierung am BFI mit 10 Wissenschaftlern.
Im November 2021 wurde Dr. Neuer Leiter Leiter der F&E Abteilung des von ihm 2014 mitbegründeten Startups innoRIID GmbH, welches seit Ende 2023 zum Ametek Konzern gehört.
Dr. Neuer ist weiterhin als Berater für das VDEh-Betriebsforschungsinstitut (BFI) und SMS-Digital tätig. Für die Europäische Kommission ist er in verschiedenen Rollen, u.a. als beratender Experte und Gutachter für Forschungsprojekte aktiv.
Forschung
Dr. Neuer und sein Team nutzen für ihre Lösungen physikalisch-informiertes Lernen in einer einfachen Form künstlicher Intelligenz. Hierbei erhalten Lernmodelle einen direkten Zugang zu mathematischem und physikalischem Wissen.
Diese Modelle lernen überwacht-, unüberwacht- oder verstärkend und werden über Mutli-Agenten Systeme koordiniert. Durch Integration von existierendem Wissen wie mathematischen Gleichungen, Naturgesetzen oder Expertenwissen, sind diese Algorithmen in der Lage schnell und auf wenigen Daten zu lernen. Hierbei nutzten sein Team und er Ontologien und generative Transformer zur Digitalisierung von komplexen Inhalten menschlichen Wissens.
Kernelement aller vom Team genutzten Verfahren ist die stringente Einbeziehung von Unsicherheit und Zufall. Die verschiedenen Lernparadigmen werden dabei durch stochastische Elemente ergänzt. Variational Autoencoder und Mixture-Density Netze sind Beispiele für diesen Ansatz.
Mit Hilfe von Abtastverfahren aus dem Bereich der Störungstheorie, kann nach dem Trainingsprozess das Verhalten des Lernmodells analysiert und oftmals auf rein mathematische Zusammenhänge abgebildet werden. Das Team nutzt diese Ansätze, um Erklärbarkeit einer Modellvorhersage zu erreichen und somit das Vertrauen in das Modell zu erhöhen.
In Folge seiner langjährigen Arbeit beschäftigt sich Dr. Neuer auch mit den philosophisch-ethischen Aspekten von künstlicher Intelligenz sowie deren Auswirkung auf die Gesellschaft.
Lehre und Veröffentlichungen
Seit 2021 hält er die Vorlesungsreihe „Data Mining im Umfeld Technischer Prozesse“ an der RWTH Aachen, eine Vorlesung mit langer Tradition und klarem Anwendungsbezug.
Begründet wurde diese Vorlesungsreihe von Prof. Harald Peters, einem Vorreiter auf dem Gebiet der industriellen Nutzung von Data Mining und Industrie 4.0.
Dr. Neuer ist Autor und Ko-Autor von mehr als 100 wissenschaftlichen Veröffentlichungen, trägt regelmäßig zu wissenschaftlichen Konferenzen bei und ist Mitglied des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG)